[1] Es blüht der Wollust Rosenstrauch,
Wo ist der Schenke mit den Rosenwangen, wo?
Es wehet Frühlingshauch,
Wo ist der Wein, leicht zu verdauen, wo?
[2] Die neue Rose zeiget mir
Ein frisches rosenwangichtes Gesicht.
Wo ist ein Ohr, das auch mich hört,
Ein Aug', das achtungsvoll mich schauet, wo?
[3] Es ist die Lustgesellschaft nicht
Geschmücket mit der Schminke meines Sinns.
O du des Morgens milder Hauch,
Wo ist der Freundinn Locken Moschus, wo?
[4] O Morgenwind, ich dulde nicht
Der Rosen eitle Schönheitsprahlerey,
Die Hand befleckte Herzensblut,
Wo zeih'st du sie der Lügen, Ostwind, wo?
[5] Des Morgens Kerze rühmte sich
Mit ihrem trüben Schleier gegen dich,
Du wirst vom Feinde ausgeschmählt,
Wo ist ein hellgeschliffner Degen, wo?
[6] Sie sprach: vielleicht verlanget dich
Nach den Rubinen meiner Küsse nicht,
Ich sprach: aus Sehnsucht bin ich dort,
Doch, wo ist meine Kraft und Stärke, wo?
[7] Hafis bewahret zwar den Schatz
Der hohen Weisheit in dem Wort des Lieds;
Allein wo ist ein Dichtermund,
Den nicht der Gram des Schicksals drücket, wo?